Human Machine Interfaces (HMI) und Infotainment-Systeme bestimmen das Fahrerlebnis der Zukunft. Aber wie geht’s voran mit der HMI-Entwicklung? Alexander Geilfuß, Domain Director HMI bei intive, kennt die Herausforderungen und kann aus der Praxis berichten – über die Zukunft der Automobiltechnologie.
Die Entwicklung von Infotainment-Systemen ist unglaublich vielfältig; in keinem anderen Bereich der Automobilindustrie ist man so nah am Fahrzeug und am Endkunden dran.
Infotainment ist Information plus Entertainment: Das System gibt dem Fahrer also relevante Informationen wie Fahrzeugdiagnose, Verkehrsmeldungen, Navigation und so weiter. Derweil unterhält das System Fahrer und Passagiere mit Musik, Video- und Audio-Streaming, und heute sogar mit Onboard-Gaming.
Die Menge an Funktionen nutzerfreundlich zu gestalten, ist eine Kunst und eine Wissenschaft. Es geht darum, ein hohes Maß an Komplexität darzustellen, ohne den Fahrer von seiner eigentlichen Aufgabe abzulenken – dem Fahren.
Das In-Car-System muss also möglichst selbsterklärend sein und den Fahrer in seiner Arbeit unterstützen. Bei der Entwicklung dieser Systeme müssen wir daher messen, wie intuitiv ein System und wie hoch das Potenzial für Ablenkungen ist. Auf dieser Datengrundlage können wir Konzepte dann zuverlässig optimieren.
Es ist extrem spannend, an der Entwicklung eines Systems beteiligt zu sein, das erst in ein paar Jahren in Fahrzeugen zu finden sein wird.
Wir sorgen dafür, dass unsere Kunden ihre Konzepte und Designs schnell zum Leben erwecken können. Dank Rapid Prototyping reagieren wir schneller als klassische agile Ansätze – ich nenne es hyper-agil. Oft reicht schon eine Skizze auf einer Serviette, um das Konzept sichtbar zu machen.
Änderungen an bestehenden Systemen sind teuer. Je später in der Entwicklungsphase etwas geändert werden muss, desto zeitaufwändiger und teurer wird es. Deswegen ist es wichtig, alle Änderungen abzuschließen, bevor es an die Serienentwicklung geht.
Eine sichtbare Simulation, die man anfassen kann, ist wichtig in der HMI-Entwicklung. Was unseren Ansatz aber besonders auszeichnet, ist die Wiederverwendbarkeit und die Art und Weise, wie die Simulation mit der Umgebung verbunden ist. Dafür nutzen wir seit Jahren unser stabiles Framework: Mit diesem Framework können wir auf die Fahrzeugarchitektur zugreifen und so reale Fahrzeugdaten in der Simulation abbilden; so können wir die Simulation mit echten Verkehrsdaten fahren und testen. Außerdem können wir damit Nutzerstudien durchführen und das neue System im Vergleich zu Konkurrenzprodukten testen. Um die Ablenkung zu messen, führen wir ebenfalls Studien durch, sei es über VR oder im Fahrsimulator.
Von der Oberflächenprogrammierung bis zur mechanischen Umrüstung bieten wir alles aus einer Hand. Auch wenn wir nicht in die spätere Serienentwicklung involviert sind, leisten wir in der frühen Phase einen wichtigen Beitrag zur Qualität.
In den letzten zehn Jahren hat sich vor allem im Bereich der Benutzerfreundlichkeit und der Infotainmentsysteme enorm viel getan: Größere Displays, höhere Auflösungen, Touch-Slider, Actuator-Touch-Flächen, Gestenerkennung und Blickrichtungserkennung... um nur ein paar der wichtigen Neuerungen zu nennen.
Um dem Markt immer einen Schritt voraus zu sein, setzen wir auf Tech Scouting – sowohl für uns selbst als auch für unsere Kunden. Wir beschaffen die neuste Hardware und testen sie gründlich, um mögliche Anwendungsfälle zu identifizieren. Ein Beispiel, das wir entdeckt haben, ist der aufkommende Fokus auf VR und AR in der Automobilbranche, gemeinsam unter XR zusammengefasst. Zurzeit testen wir das Potenzial von XR für mehrere Kunden.
Und schließlich behalten wir ständig den Einsatz von KI in Infotainment-Systemen im Blick. Sei es Handschrifterkennung oder Natural-Language-Systeme, wir haben die Technologie bereits evaluiert und können sie bei Bedarf einsetzen.
Unsere Simulationen kommen oft zum Einsatz, wenn Entscheidungen getroffen werden müssen. Einer unserer Kunden musste sich etwa zwischen drei konkurrierenden Konzepten für die die nächste Generation seiner Infotainmentsysteme entscheiden. Wir haben alle drei simuliert und mechanisch in die richtige ergonomische Position gebracht.
Das Top-Management des OEMs nutzte unsere drei Demonstrationen als Entscheidungsgrundlage. Für mich ist es beeindruckend, dass die obere Führungsriege sich auf unsere Arbeit verlassen hat – und dass wir so dazu beitragen konnten, die Zukunft des Infotainments im Auto zu gestalten.
Dank unserer langjährigen Erfahrung können wir HMI-Prototypen und -Lösungen entwickeln, die in zahlreichen Großserienfahrzeugen führender Hersteller zum Einsatz kommen. Unsere Arbeit hat eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der UI/UX der kommenden Fahrzeuggenerationen gespielt. Wir arbeiten seit Jahren mit Audi zusammen, um verschiedene HMI-Konzepte zu entwerfen, zu evaluieren und zu entwickeln. Damit tragen wir zur Agilität von Audi bei und bauen mit an der Zukunft der Mobilität.
Noch fahren Autos nicht alleine, aber das autonome Fahren ist auf der Agenda. Das heißt für mich, dass der Fahrer zunehmend seinen Job abgibt und sich auf andere Dinge konzentrieren kann. Interfaces können dann interaktiver sein, die Unterhaltung nimmt einen neuen Raum ein. Wir haben bereits einen gewissen Grad an Parallelität mit mobilen Geräten erreicht. So können wir beispielsweise dieselben Apps und Wiedergabelisten auf unseren Smartphones und in unseren Fahrzeugen nutzen, und dieses Mitnehmen der eigenen Nutzerprofile und Einstellungen vom Smartphone zum Fahrzeug wird weiter zunehmen.
Fahrzeuge werden immer intelligenter. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich Fahrzeuge in Zukunft auf den Fahrer vorbereiten, noch bevor er im Auto sitzt: Sitze, Spiegel, Klimaanlage und so weiter werden schon korrekt eingestellt sein, wenn Sie einsteigen. Wenn Sie losfahren, geht die Musik im Auto nahtlos da weiter, wo sie zuhause oder am Handy aufgehört haben. Das Fahrzeug kennt den Kalender und die üblichen Routen des Fahrers und antizipiert, wohin er fahren möchte.
Das autonome Fahren wird auch längere Fahrten angenehmer machen, so dass Sie sich während der Fahrt einen Film mit Ihrer Familie ansehen können. Staus werden mit Videoinhalten von bekannten Anbietern überbrückt. Auch Videotelefonate werden während der Fahrt möglich sein. Das System wird zu einem angenehmen Co-Piloten, der im Hintergrund agiert und nur bei Bedarf Unterstützung leistet, indem er KI nutzt, um natürlich klingende Gespräche zu führen.
Wenn ich so darüber nachdenke, freue ich mich schon auf die Zukunft.
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